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Ungehörtes und Unerhörtes in Waal - 5.5.2017

Sprache als Kultgefäß


Was war das für ein Rekordabend im Deutschen Haus in Waal! 17 Teilnehmer und dreieinhalb Stunden Literatur. Und was haben sie sich nicht alles einfallen lassen, die Mitglieder des Landsberger Autorenkreises, zum Thema „Ungehörtes – Unerhörtes“!

Helmut Glatz suchte einen auf mysteriöse Weise verschwundenen Chinesen, Fred Fraas berichtete vom Drachenei mit dem Sucht-Gen, Hannelore Warreyn philosophierte über Zukunft und Vergangenheit: „Das Neue bringt Angst, das Vergangene Wehmut“. Theresa Schermer konfrontierte die virtuelle mit der realen Welt, und Heidenore Glatz sang auf humorvolle Weise von Ohrengesäusel, Geschwindigkeitswahn und schnarchenden Bettnachbarn.

Eine charmante Idee hatte der Improvisationskünstler Jörg Illner. Er kommentierte jeden Beitrag mit Gitarre oder Mandoline und schuf so eine musikalische Brücke zwischen den Texten. Das war auch notwendig, denn Hans Schütz ritt eine beißend-satirische Philippika auf moderne Erziehungsmethoden, Testeritis und Kommunikationsidiotie. Anschließend wurde es wieder Bayerisch-Lyrisch: Inifrau von Rechenberg sang von der Liab: „Wann ma de Liab ned hätt, huifat koa Himmibett.“ Heinz Otto Singer erzählte parabelhaft von einer Turmbesteigung, Klaus Wuchner umriss den Begriff Authentizität, Paul Wendland dichtete wortgewaltig von der „Sprache als Kultgefäß – Gedichte sind verdichtete Seelenschwingungen“.

Ein besonderes Anliegen war es der Moderatorin Lore Kienzl, des Malers und Autors Günter Bohn zu gedenken. Mit einem kleinen Film, kurzen Gedichten und einem berührenden elektronischen Briefwechsel erinnerten sie und Roland Greißl an den Verstorbenen.

Anschließend ging der Lesereigen weiter: Claire Guinin berichtete lächelnd vom Macho-Streit zweier Amselmännchen, Reinhard Wendland reimte in klugen Versen vom Gedicht als Gericht und Seelennahrung, Carmen B. Kraus klagte: „Die ganze Welt hat Ohren, aber sie hört nicht. – Wo ist ihr Herz?“

Benno von Rechenberg erzählte die novellenhafte Geschichte einer zart sich anbahnenden Beziehung, und Marianne Porsche-Rohrer entließ mit einem heilsamen Ratschlag aus ihrer lyrischen Hausapotheke „Der Doktor Wald hilft Jung und Alt“ die Zuhörer hinaus in das silberne Licht der klaren Vollmondnacht.

Helmut Glatz