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Lange Kunstnacht in der Altstadt - 29.9.2012

Mozart umrahmt Lyrisches und Prosaisches


Musik erklang, wie sie lange nicht mehr gehört wurde: Trio-Sonaten von Mozart, Klänge von Querflöte, Geige und Cello, wunderbar gespielt von Freifrau Dr. Anna Katharina von Schnurbein, Annegret Fischer Fey und Michael Fey.

Nach dem einleitenden Musikstück begrüßte Heidi Glatz als Organisatorin die Anwesenden – Mitwirkende und durch die Musik angelockte Gäste – und versprach vielfältigen Hörgenuss. Wolfgang Pagany begrüßte im Namen der gastgebenden Firma Kohl Wasser. Wärme die Zuhörer und die Autoren in den von Licht und Glanz dominierten Räumen und schloss die erste Vortragsreihe selbst mit einem Wasser-Gedicht von Ringelnatz ab.

Max Dietz eröffnete die Lesung mit einem Beitrag wie aus dem Techniklexikon: Er führte als Beispiel den Zylinder in seiner vielfältigen Verwendung in der Technik an, vergaß aber nicht den Zylinder als Kopfbedeckung bei feierlichen Anlässen in früherer Zeit. – Tiere in der Umwelt in ihrer unterschiedlichen Bedeutung, Egomanen und Evolution waren weitere Themen seiner Gedichte.
Gerwin Degmaier machte launige Bemerkungen zur Musik und ausführliche über eine andere Kunst, die Aktmalerei, mit Wortspielen zu Akt/nackt. Er führte gereimte Gedanken aus zu Bedeutung und Anwendung von Wasser und schloss mit amüsanten, tiefsinnigen Aphorismen.

Heidi Glatz trug Nachdenkliches vor über Zeit für sich und andere, die Aufmerksamkeit für die Wahrnehmung der Natur ringsum: den Blick zu den Wolken, die Geräusche des Windes. Sie beschrieb die Wichtigkeit von Freundschaft, auch jene zu Haustieren.

Helmut Glatz hatte Gedichte zum Herbst dabei und betonte, dass gerade diese Jahreszeit reich ist an Üppigkeit in der Natur, mit all den Farben, Früchten und dem Übergang in kühlere Tage. Er schloss mit einem Gedicht auf Bayrisch über den Herbst.

Roland Greißl führte die Zuhörer in einer Glosse über den Sinn wie auch Unsinn des Recyclings zum Nachdenken: ob eine Handvoll rostiger Nägel oder ein hundert Tonnen schweres Schiffswrack gleich wichtig sein könnten? In einem weiteren Beitrag fragte er sich, ob Telepathie als Medium der Verständigung unter Menschen in lautloser Umgebung die Zukunft sein könnte – oder das Wiedererlangen der Stimme das größere Glück sei, trotz möglicher Missverständnisse bei Anwendung der Sprache …

Klaus Köhler brachte einige Stanzen zu Gehör über Wartende in Arztpraxen und Behandlungsmethoden der Physiotherapie, über einen Igel, der sicherheitshalber auf einem Zebrastreifen die Straße überquerte und so Autos zum Anhalten veranlasste. Er trug zwei Gedichte auf Plattdeutsch vor, über den Herbst und den Mauerfall. Den Schwerpunkt bildete die Geschichte einer traumatisierten Hündin, die dennoch einen Jungen vor einem wilden Bullen rettete. Ein Glückwunschgedicht schloss seine Beiträge ab.

Boris Schneider ließ die Zuhörer raten, zu welchem Märchen seine Geschichte passte. Sie beschreibt in stetigem Szenewechsel den Diebeszug einer Bande, die einen Goldschatz raubte, und ein Mädchen, das nach und nach Bedürftigen etwas von seiner Habe hergab, sogar ihre wärmende Jacke. Die Banditen flohen vor der Polizei, auf einer Brücke stolperte einer der Räuber und die Tasche mit der Beute entleerte sich: Die Goldmünzen rieselten von der Brücke – geradewegs in die Arme jenes Mädchens. Die meisten im Publikum kannten die Sterntaler-Geschichte, die dem zugrunde lag.

Ilse Stempel, das frühere Autorenkreismitglied, das kurzfristig wieder dazugestoßen war, las Gedichte über Eitelkeit, Tomatensuppe und das Tanzen.

Beschwingte Weisen hatten immer wieder für Atempausen zwischen den Lesungen gesorgt, und auch zum Abschluss begleiteten zarte Mozart’sche Klänge das zahlreiche Publikum. Eigentlich war die Veranstaltung nur bis 22 Uhr geplant, doch der große Andrang hielt an, und so konnte man in dieser fürwahr Langen Kunstnacht eine Stunde länger den Gedankengängen Landsberger Autoren folgen.

Klaus Köhler