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Adventslesung - 9.12.2016

Schon elf Türchen geöffnet am neunten Dezember


Nicht nur „brennende Lichtlein“ sollten den Abend im Restaurant „Il Lago di Garda“ erhellen, sondern Fröhliches, Nachdenkliches, Religiöses und Naturphilosophisches – und neben gesellschaftskritischen Tönen auch weihnachtlicher Gesang. Der Moderator, Reinhard Wendland, begrüßte die teilnehmenden Autoren und interessierten Zuhörer mit einstimmenden Worten, nahm sie mit auf eine nächtliche Adventsfahrt und beschloss ganz spontan, zwei junge Damen in den Vortragskreis aufzunehmen, die den Abend eröffnen sollten.

Sinja, 9 Jahre, und Mia, 11 Jahre, hatten für die Adventsrunde mehrere Lieder mitgebracht. Neben „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ sangen sie ohne jegliche Musikbegleitung „Josef“, „Knack, Knack“, „Ihr Kinderlein kommet“, „Was soll das bedeuten“ und „Die Wölfe“ und erhielten unter den Augen ihrer Oma Ilse Stempel von allen Zuhörern großen Applaus.

Elf Autoren hatten sich mit einem adventlichen Beitrag gemeldet. Nach guter alter Tradition, wurde der Name des nächsten Vortragenden „aus dem Hut gezaubert“.

Mit seinem Gedicht „Wenn er…“ eröffnete Gerwin Degmair die Vortragsrunde. Eindringlich trug er vor, was ein schwacher und was ein starker Mann sei, um pointiert den Schlussakkord erklingen zu lassen. Als wäre es, gleich nach Sinja und Mia, verabredet gewesen, ließ er Menschenherzen erklingen und die Welt mitsingen. Die Autorenrunde und alle Zuhörer ließen sich nach Verteilung des Degmair‘schen Textes nicht zweimal bitten – und sangen auf die Melodie des bekannten Adventsliedes „Kling, Glöckchen, klingelingeling“ von Theodor Enslin engagiert mit.

Mit ihrer Weihnachtsgeschichte „Ein Geschenk für alle“, eine ideenreiche, schöne Geschichte und besondere Variante der Weihnachtsbescherung, die mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit im Erleben sehr viel Freude bereitet, schenkte Heidi Glatz den Zuhörern ein ganz besonderes Präsent für die Adventszeit und das nahe Weihnachtsfest.

In seinem Prosagedicht „Advents- und Weihnachtsrituale“ erzählte Reinhard Wendland manche Seltsamkeit dieser Zeit und schloss mit der Erfahrung, dass Advent und Weihnacht erst durch die Empfindung, die von Herzen kommt, erlebt werden können. In seiner persönlichen Weihnachtsgeschichte, „Ich hatte Glück“, schilderte er Szenen und Eindrücke der Advents- und Weihnachtszeit, wie er sie in der Kindheit in seiner Familie erlebt hatte.

In deutlichen Worten präsentierte Klaus Köhler seine Adventsgeschichte in Form einer Stanze, kurz und treffend.

Über ein „etwas anderes Weihnachten“ erzählte Fred Fraas. In seinem Gedicht „Draußen am Meere“ leitete er die Zuhörer durch lyrische Bilder um den Untergang eines Schiffes – und ließ sie bei Strandgut, in dem ein Tagebuch zu finden ist, nachdenklich werden.

Marianne Porsche-Rohrer hatte keine Weihnachtsgeschichte mitgebracht, aber ein Weihnachtsgeschenk. Sie las aus ihrem neuen Buch „Der Kopf wird fit und ich mach mit“ zur „Gastfreundschaft“. Danach das Gedicht „Russisch als Therapie“, das dem Vater, der in russischer Kriegsgefangenschaft war, gewidmet ist. Den „Alten Philosophen“ ließ sie, in ebenso bekannt pointierter Weise, „Schwierige Namen“ folgen.

Paul Wendland eröffnete kurz vor der Pause seinen Vortrag mit „Die Weißen aus dem Morgenland“ und breitete geflügelte Gedanken unter dem weihnachtlichen Sternenzelt aus. Mit flammenden Worten beschrieb er spirituelle Kreisläufe des Menschseins. Abschließend rezitierte er ein 45 Jahre altes Weihnachtsgedicht, das seinen Glanz behalten hatte.

Nach der Pause ließ uns Lore Kienzl an zwei berührenden Gedichten teilhaben, einem herbstlichen Naturgedicht mit lyrischen, feinen Wahrnehmungen und einem gesellschaftskritischen, bewegenden Adventsgedicht über Menschen, die durch eine Vielzahl erklärter Ängste ihre Herzen vor anderen Menschen verschließen, innerlich vereinsamen, um zum Weihnachtsfest ein paar Silberlinge zu spenden, für ein erhebendes Gefühl.

Helmut Glatz hatte für seinen Vortrag nur den Anfang seiner Geschichte, „die fast echt ist“, mitgebracht. Unterstützt wurde er von Petra Hinterstößer, die das Kathrinchen sprach. Kathrinchen ist aufmüpfig und prahlt, was sie alles mit dem Nikolaus machen würde, wenn er kommt. Unterhaltsam, spannend, mit vielen kleinen Erzählakzenten belebt, entwickelt sich die Geschichte, das heißt ihr Anfang – und plötzlich ist Kathrinchen verschwunden … Verschmitzt brach der Autor die Geschichte ab, den Rest sollten sich die Zuhörer dazudenken.

Klaus Wuchner rezitierte in freier Rede seine Weihnachtsgeschichte, in der unter anderem ein Auerhahn, der im Backrohr ächzt, sehr Appetit machte.

Als letzte Autorin wurde Petra Hinterstößer „gezogen“ und trug ihr Adventsgedicht vor, in der ein Schlüssel die Schlüsselrolle spielt, um die Adventsgeschichte um Armut und Unterstützung zu entfalten.

Abschließend dankte der Moderator den Vortragenden und Zuhörern für den schönen vielseitigen Abend und wünschte allen einen guten Nachhauseweg.

Als Fazit bleibt: Die Adventslesung präsentierte sich wie ein bunter Adventskalender. Hinter elf Kalendertürchen verbargen sich bekannte Motive, teils neu inszenierte und sogar außergewöhnliche Geschichten für die Zeit der Vorbereitung, der Freude und inneren Einkehr. Am 9. Dezember hatte der Autorenkreis bereits elf Kalendertürchen geöffnet. Mag sein, dass die elf Autoren zu neugierig waren oder einfach nur – wie manches Kind, das den Verlockungen des „Kalenders“ nicht widerstehen kann – der Zeit ein wenig voraus.


Reinhard Wendland